Tierische Weihnachten
Über die Festtage Weihnachten/Neujahr 2022/23 habe ich selbst erfahren, wie Helfer von Tieren in Not Schönes und weniger Schönes zu durchleben haben.
Darum möchte ich über das unfassbare Geschehen erzählen, um an alle Tierbesitzer zu appellieren, solche Situationen mit ihren Tieren zu vermeiden, indem Vorkehrungen getroffen werden. Jeder Tierhalter sollte sich fragen: «Könnten meine Tiere in einem ähnliche Situation kommen, wenn ich durch Unfall oder Krankheit zum Pflegefall werde oder gar sterbe?»
Wieder einmal mehr ein Vorfall der beweist, wie schwierig es ist, Tieren in Not zu helfen oder sie zu schützen. Zum ersten Mal habe ich gleichzeitig Schönes und Berührendes durchlebt, verbunden mit entsetzlichem Leid durch gefühlloses und gleichgültiges Verhalten. Ein Ereignis, das man nicht einfach unter den Teppich kehren kann.
Am 22.12.22 erhielt ich einen Anruf von meiner Nichte Jaqueline aus dem Spital Affoltern am Albis, wo ihre Mutter, meine Schwägerin Jeanette nach einem Sturz lag. Beim Anruf ging es um deren 84-jährige Bettnachbarin Regine* als Notfall aus dem Kanton Solothurn aufgenommen. Jaqueline erzählte, Regine würde das Essen verweigern mit der Begründung, dass sie sterben möchte, weil ihr gedroht werde, ihre zwei Pferde und drei Katzen, wovon eine vor 6 Monaten zugelaufen war, einzuschläfern, weil sie sich nicht mehr um die Tiere kümmern kann. Meine Nichte war sehr aufgewühlt. Offenbar stand Regine sehr unter Druck, denn sie erhielt permanent Anrufe von Ihrer Nachbarin Frau Grimmig*, die sich angeblich nur notgedrungen und widerwillig um ihre Tiere kümmerte. Laut weiteren Sprachnachrichten von Jaqueline wurde Regine andauernd per Telefon zu einer Lösung gedrängt, ansonsten die Tiere eingeschläfert würden. Möglich, dass im Hintergrund Frau Garstig*, die für Finanzen der Gemeinde Zuständige, Frau Grimmig dazu drängte. Später erfuhr ich, dass beide Frauen befreundet waren.
Wie die meisten Leser hier wissen, unterstütze ich mit meiner Stiftung die Helfer, die Tieren in Not helfen oder sich um in Not geratene Tiere kümmern. Da mich in diesem speziellen Fall meine Nichte dringend um mein persönliches Engagement anflehte, entschied ich mich, umgehend alles dafür zu tun, um dieser Frau zu helfen, ihre Tiere zu retten. Sie kaufte angeblich die Pferde Justin und Pedro als Fohlen. Ohne eigene Familie waren die zwei wie ihre Kinder. Vor allem fühlte ich mich fast bedrängt zu helfen, weil sich herausstellte, dass Regine, eine frühere Pferdesportlerin, gut bekannt war mit dem Pferdesportler Peter, dem Bruder meines Mannes. Regine kannte auch Peters Sohn, meinen Neffen Andreas, ein Turnierpferdezüchter, schon als Kind. Zudem war Regines langjähriger Lebenspartner und Pferdesportler der Vater eines Schulkameraden meines Sohnes.
Für mich kam alles zeitlich sehr ungelegen, es bedeutete, dass ich in der Nacht vom 22.12. auf den 23.12. durcharbeiten musste, um Bestellungen meiner Website abzuschliessen.
Noch am gleichen Tag begann ich mit meiner Recherche von Gnadenhöfen und Lebenshöfen, an dem die Tiere ein neues Zuhause finden könnten. Letzten Endes waren es 26 Anrufe und viele Mails bereits an diesem einen Tag. Erfolgreich war ich am ersten Tag, was die Katzen betraf, mit möglichem Heim auf einem Lebenshof.
Am 24.12.22 fuhr ich früh morgens die 40 km nach Kurosium* zum Anwesen von Regina auf dem sich die Tiere befanden, um mir ein Bild von ihnen zu machen. Alle Tiere, vor allem die Pferde, waren tatsächlich gut versorgt, angeblich nebst Frau Grimmig noch durch einen Landwirt aus der Nachbarschaft. Um das Haus sah es allerdings ungepflegt und heruntergekommen aus. Ich erinnerte mich an Bilder aus Rumänien. Wie ich später von verschiedenen Personen aus dem Umfeld von Regine erfuhr, war sie körperlich schon lange nicht mehr in der Lage, sich um Haus und Hof, geschweige denn um sich selbst und ihre eigene Hygiene zu kümmern. Da stellte ich mir die Frage, warum sahen Nachbarn, Gemeinde und Umfeld zu, bis Regine zusammenbrach. Später rechtfertigte sich bei mir die Gemeindepräsidentin, dass Regine in bester geistiger Verfassung war und Hilfe verweigerte. Das bestätigten mir auch andere aus Regines Umfeld, ebenso der Pferdeflüsterer und seine Partnerin.
Das war wohl wirklich kein einfacher Fall.
Ich machte Fotos von den 2 Pferden Justin und Pedro und von den sich dort aufhaltenden 2 Katzen, ohne mir sicher zu sein, ob es sich um die Katzen von Regine handelte oder um die vor längerer Zeit zugelaufene. Anschliessend fuhr ich ins nahegelegene Pflegeheim, wo mittlerweile Regine seit ein paar Tagen lebte. Als ich ihr mitteilte, dass ich für Ihre Tiere etliche neue Plätze in Aussicht hatte und meine Stiftung sämtliche monatlich anfallenden Kosten zu tragen bereit wäre, sagte sie sehr gerührt: «Das ist die schönste Weihnacht in meinem Leben». Regine war tatsächlich psychisch und geistig sehr fit. Sie teilte mir auswendig aus dem Kopf drei Telefonnummern von Personen mit, die mir bei der Auswahl und Unterbringung der Tiere helfen könnten. Bei der ersten Telefonnummer erwähnte sie: «Das ist mein ‹Pferdeflüsterer›», er liebt meine Pferde über alles, zusammen mit seiner Partnerin besuchten er seit Jahren meine zwei Pferde in seiner Freizeit. Er könnte mir am besten beratend bei der Platzierung der Pferde behilflich sein. Die zweite Telefonnummer war die von Frau Garstig von der Gemeinde. Wieder aus ihrem Kopf eine dritte Telefonnummer von der Frau bei der Ramun, ein drittes Pferd von ihr für monatlich 720 Franken untergebracht war. Das war der Moment in dem ich erstmals erfuhr, dass sie nicht nur zwei Pferde, sondern drei Pferde besass. Es handelt sich um ein Hannoveraner Wallach eines renommierten Züchters. Ich fand es eigenartig, dass dieses Pferd, wegen Starrsinn sich nicht als Dressurpferd eignete und jahrelang nutzlos untergebracht wurde. Befremdend, dass Regine beim Kauf von Ramun bereits etwa 76 Jahre alt war. Da hätte sie sich mindestens auch Gedanken machen müssen, dass sie nicht jünger wird und drei Pferde irgend einmal zur Belastung werden könnten.
Wieder zu Hause angekommen sagte ich die Einladung für Heiligabend bei meinen Freunden ab und widmete mich erneut der Recherche für die Unterbringung der Tiere. Zu meinem Bedauern stellte ich fest, dass grössere Tierschutzorganisationen erst wieder ab dem 03.01.2023 erreichbar waren und ich hier aktuell keinerlei Hilfe erwarten konnte. Glücklicherweise konnten mir verschiedenste Tierheime, Lebens- und Gnadenhöfe, die selbst überlastet waren, weitere mögliche Unterbringungsorte für die Pferde empfehlen.
Am 25.12.22 sagte ich das Weihnachtsessen im Rahmen meiner Familie ab. Ich versuchte, die Besitzer der zugelaufenen Katzen ausfindig zu machen. Mit dem Foto von zwei Katzen unter 4766 bei der Stmz-Datenbank zu suchen, ohne zu wissen, ob es sich überhaupt bei einer der abgebildeten Katze um die zugelaufene handelte. Es war ein mühsames Unterfangen, besonders wurden viele getigerte Katzen wie auf auf meinem Foto vermisst. Sie sahen alle zum Verzweifeln gleich aus. Nach Stunden war ich erschöpft und frustriert. Am 2. Weihnachtstag konnte ich es nicht lassen und forschte weiter. Wie durch ein Wunder, kaum zu glauben, wurde ich fündig, es war eine vierfarbige Katze: passende Anzeige zur passenden Katze! Das waren wirklich berührende Weihnachten für mich, die überglücklichen Besitzer zu benachrichtigen. Die Wiedervereinigung war dann auch zutiefst emotional und ich bin froh, dass ich meine Zeit über die Weihnachtsfeiertage für eine herzergreifende, schöne Geschichte investierte.
Der 27. Dezember mit der Übergabe von Katze «Siri» war für mich der letzte erfreuliche Tag im alten Jahr und ich war froh, dass ich doch einige bezahlbare Gnadenplätze für die Pferde in Aussicht hatte. Das teilte ich auch telefonisch Regine mit und sie bedankte sich sehr eindrücklich für mein Engagement bei der Rettung ihrer Tiere.
Am 28.Dezember um 11:40 Uhr erhalte ich ein E-Mail von der freundlichen und hilfsbereiten Irina Hauswirth aus Romont, in der sie unter anderem schreibt:
«Bitte geben sie mehr Angaben zu den Pferden, gerne auch bessere Bilder. Ich werde versuchen, ihnen einen guten Platz zu finden.
Danke für ihr starkes Engagement und liebe Grüsse an die Besitzerin.»
(Ich konnte Irina anfänglich die Rasse und die Grösse der Pferde nicht nennen.)
Darauf habe ich Frau Garstig von der Gemeinde angerufen um ihr mitzuteilen, dass ich von beiden Pferden ausserhalb ihrer Boxen ein Foto benötige. Freundlich und hilfsbereit machte sie mit mir am Nachmittag um 15:30 Uhr einen Termin auf dem Hof von Regina ab, da sie auch mit Frau Grimmig für diese Zeit ausmachte, im Haus nach Kleidern für Regine zu suchen.
Am 29. Dezember pünktlich um 15:30 Uhr sind mir Frau Garstig und Frau Grimmig beim Fotografieren der Pferde vor den Stallungen behilflich.
Während dem Fotografieren der Pferde änderte sich die ganze Situation schlagartig. Bei dieser Gelegenheit bemerkt Frau Garstig beiläufig: «Regina hat sich inzwischen umentschieden und wünscht ihren Tiere den frieden im Himmel». Ich war absolut fassungslos, denn von so einem Entschluss erwähnte Regine zwei Tage zuvor noch nicht. Sie betonte, dass ihr ganzes Herz an ihren Tieren hing. Dafür habe ich in den letzten Tagen nichts anderes getan als alles in die Wege zu leiten, um ihre Tiere zu retten. Alles schien mir nicht real. Ich hatte wohl die ganze Zeit über gegen den Willen von Frau Grimmig und Frau Garstig gearbeitet. Warum wurde mir das nicht gesagt, spätestens wo ich mitteilte, dass ich Fotos machen wollte? Man liess mich unnötig 80 km fahren. Natürlich glaubte ich den beiden nicht. Sie riefen in meiner Anwesenheit die alte Frau an, die mir tatsächlich bestätigte, dass ihr geliebter Justin und Pedro ihren Frieden im Himmel finden sollen. Sie bat mich dabei, um ihren Ramun, dem dritten Pferd besorgt zu sein.
Ich konnte es nicht fassen, zwei Pferde sollen eingeschläfert werden, um im Gegenzug ein drittes zu retten. Nach dem Anruf sagte ich nur noch: «Die Besitzerin hat das Recht zu entscheiden, da kann ich nichts mehr dazu sagen». Frau Garstig sagte: «Der Termin ist festgesetzt, nun bin ich am überlegen, diesen zu verschieben, weil Tierschützer mit Blockade drohen, um den Tierarzt an der Tötung zu hindern». Ich war einfach nur noch sprachlos. Beide Frauen begannen über Tierschützer zu schimpfen. Eine davon sagte: „Ich hatte bis jetzt keine Ahnung, dass Tierschützer so ein … Saupack sind». Ich fragte: «Muss ich mich da auch betroffen fühlen, weiss ja erst seit ein paar Minuten von der geplanten Tötung der Pferde». Ich dachte dabei, dass der «Pferdeflüsterer» bei dieser Aktion involviert sein könnte, er hat eine emotionale Bindung zu diesen Pferden. Auf meine Frage wurde meine Ahnung bestätigt. Befremdend für mich war, dass Regina mir doch den Pferdeflüsterer W. Winter und Freundin M. Bürgi als langjährige Freunde empfahl; gute tierliebende Menschen und plötzlich schimpft Frau Garstig in übelster Weise über das Paar. Angeblich hätte einer von beiden am Morgen sogar versucht in Reginas Zimmer einzudringen um sie zu belästigen. Nun müsse derjenige mit einer Anzeige wegen Hausfriedensbruch rechnen. (Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch kein Kontakt mit N. Winter und M. Bürgi, wusste nicht, dass dieses Paar Winter und Bürgi auch ein Pensionsplatz für die Pferde auf ihre eigenen Kosten in der Nähe gefunden hatten).
Mich verblüffte die Frage von Frau Grimmig und Frau Garstig, ob ich mich um einen Platz für den 12-jährigen Ramun bemühen könnte, zum Beispiel auf dem Pferdegnadenhof in Le Roselet. Frau Grimmig, die selbst Pferdebesitzerin ist, sagte: «Es fallen dort nur einmalige Kosten von 250 Franken beim Eintritt an». Ich konnte dem keinen Glauben schenken, denn meine Nachbarin Ursi erwähnte vor Monaten, dass in Le Roselet inzwischen Pferde Jahre im voraus angemeldet werden und monatliche Pensionskosten im voraus bezahlt werden müssten.
*Name und Orte geändert